Wüstenhafte Buschlandschaft begrüsst uns, sobald wir aus La Paz herausfahren. Alles ist sehr trocken, statt Feldwegen führen Sandpisten abseits der Strasse, und dennoch spriessen irgendwie überall grüne Sträucher und Kakteen aus dem Boden. Ab und zu liegt eine tote Kuh am Strassenrand: aufgedunsen, von kreisenden Geiern belauert, oder schon nur noch als Gerippe mit leer starrenden Augenhöhlen.. Die Tage sind heiss, unsere 10l Wasser schnell leer, und die Nächte kühl. Am Strand finden sich wunderschöne Schlafplätze, der Sternenhimmel grüsst durchs Zeltfenster und die Brandung singt uns in den Schlaf. Unser Abstecher in den Süden führt nach Cabo San Lucas, ans ‘Ende der Welt’. Wie wir mit dem Kayak entdecken, gehts hier nicht steil über den Rand hinunter, sondern es bietet sich uns ein toller Ausblick auf den Pazifik mit schönen Felsformationen und Steinbögen aus Granit. Beim anschliessenden Schnorcheln gesellt sich ein Seehund zu uns - elegant, schnell, putzig und in seinem Element. Hier begegnen wir auch zum ersten Mal etwas grösseren Fischschschwärmen, und vom Strand aus sehen wir sogar Buckelwale! Mächtige Rücken tauchen dunkel aus der Tiefe auf, sie schlagen mit den Schwanz- und Brustflossen aufs Wasser, blasen hohe Gischtfontänen in die Luft und mit Glück und Geduld könnte man sogar einen grandiosen Sprung sehen.

Über die Insel führen uns endlos kurvenlose Strassen. Selbst den Kakteen wird es stellenweise wohl zu trocken, nur noch Gräser und Dornenbüsche harren aus. In Santa Rita biegen wir heute Mittag auf die Zielgerade ein.. die nächsten 50km zu Hugo, unserem Gastgeber in Cd Constitucion, vertreiben wir uns die Abwechslungsarmut mit Musik und Gedankenreisen. Und morgen sollte ja dann bald wieder eine Abzweigung kommen, nur noch 30km 😉 Trotz der zeitenweisen Eintönigkeit, nimmt Baja California unter den abwechslungsreichen Landschaften Mexikos noch einmal eine besondere Rolle ein. Heute fahren wir aus der Wüste wieder Richtung Meer: linkerhand ein Alpenpanorama, majestätisch schroffe Gipfel wie wir sie uns auf zwei-, dreitausend Metern gewohnt sind. Vor uns sanft gerundete Kuppen, karg bewachsen mediterran. Und rechts blitzt hin und wieder das tiefblaue Wasser der Mar de Cortez auf, das ‘Aquarium der Welt’, wie Jaques Cousteau es ob seiner Artenvielfalt nannte.

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Die staubigen Kuhpfade lassen Windhosen entstehen - momentelang begleiten sie uns, bevor der Wirbel in sich zusammenfällt. Auf dem Weg über Waschbrettpisten zur Laguna San Ignacio - Grauwale beobachten - lohnt es sich innezuhalten. Ruhe, als ob wir alleine auf dieser Welt wären, nur das leise Säuseln des Windes im Ohr. Und mit der Abenddämmerung, in der dunkelblau-klaren Nacht, verstummt auch dieser. Stille. Phänomenaler Sternenbaldachin. So haben wir das noch nie erlebt. Und eine surreale Landschaft, das Meer an der Seite des Weges ausgetrocknet, weisses Salz und spiegelnde Luft, ausgedörrte Hügel gegenüber. Die Wale dann: schlicht beeindruckend. Massive Körper schieben sich aus dem Wasser, ein lautes Schnauben ertönt, der Rücken wird immer höher und gleitet dann langsam wieder hinab. Selten gefolgt von einem höheren Hub der Schwanzflosse, dann weiss unser erfahrener Kapitän, dass es Zeit ist weiterzufahren, der Wal taucht tiefer ab und hat keine Lust mehr auf unsere Gesellschaft. Auf einer zweiten Bootstour weiter im Norden begegnen wir dann zwei richtiggehend neugierigen Tieren. Sie kommen zum Boot, drehen sich unter uns weg und bringen die - im Vergleich zum gewaltigen Körper - winzigen Augen ganz nah an uns heran. Ob sie die seltsamen Armtiere, die über den Rand fast ins Wasser kippen, begutachten wollen? Wir sind auf jeden Fall fasziniert, und ehe wir es bemerken, ist unsere Zeit auf dem Wasser schon wieder um.

Bei Begegnungen am Strassenrand werden wir öfters nach “unserem Projekt” gefragt. Naja, das ist es ja eigentlich nicht wirklich, wir wollen nur etwas die Welt entdecken, möglichst ohne sie dabei zu zerstören. Hoffen wir also dass wir Glück haben, und auch zurück wieder eine Schiffspassage finden - dann würden wir die zwei Jahre vielleicht sogar in unserem Weltbudget bleiben. Bei einer solch zufälligen Begegnung lernen wir einen Segler von der Ostküste Kanadas kennen - er meint, er könne sich in der lokalen Community mal umhören ob jemand im nächsten Herbst über den Teich fährt. Wenn sich da wirklich was ergibt, wäre das ja wieder mal ein echter Glückstreffer (:

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Die Wüste lebt! Heute Nacht ist unser Zelt mal wieder richtig nass geworden, die kommenden Tage ist etwas Regen angesagt und ein entgegenkommender Radfahrer berichtet sogar von Schnee weiter im Norden! Et voilà, schon zeigt sich sehr viel zartes Grün zwischen den Kakteen, wo bis anhin brauner Boden durchschimmerte. Vermutlich nicht direkt als Folge der aktuellen Feuchtigkeit, aber die Hügel die wir im Moment queren scheinen doch etwas mehr Wasser abzubekommen, als noch die Ebene vor Guerrero Negro. Sofort wird die Natur wieder vielfältig und interessanter: bunte Blüten, eigenartige Tentakelpflanzen fast wie gestrandete Korallen, Stecknadelkopf-kleine Polsterblümchen und meterhohe Saguaro-Kakteen gedeihen rundherum. Des Nachts heulen, keifen, kreischen und bellen Koyoten - eine eigenartige Geräuschkulisse, unverkennbar, wenn man sie einmal gehört hat. Am Tag bläst uns ein anstrengender Wind entgegen - 60km bergab fahren wir mit Mühe in drei Stunden, und dennoch ändert sich die Landschaft erstaunlich plötzlich: von krautig sandigem Gelände mit einem verlassenen Nest, wo sich gerade so das nötigste zum essen findet, führt unser Weg in ein wunderschönes Tal mit rundgeschliffen abgesprengten Felsblöcken, die sich über einem hübschen Wildbach auftürmen. Hier gibt es Höhlenmalereien zu entdecken, sowie eine Vielfalt von Pflanzen in verwinkelten Nischen. Und dann wieder Kakteenmeer, rötlicher Kies, flach abgeschnittene Tafelberge rings umher. Der alte Mann, in dessen Cafe wir uns mit ein paar anderen Radfahrern aufwärmen und vor dem Regen Schutz suchen, erzählt uns, dass es hier gerade so viel Wasser gebe wie noch nie. Seit er sich erinnern kann, und auch in den Erzählungen seiner Grosseltern, habe es hier kaum mehr als ein, zweimal im Jahr geregnet. Und diesen Winter nun schon wochenlang..

Die Fahrt über die Halbinsel ist auch so etwas wie ein langsamer Abschied von Mexiko. Immer mehr Amerikaner sind hier unterwegs, kaum hört man mehr die so typischen Mariachi-Radios aus ölverschmierten Werkstätten am Strassenrand, und wie selbstverständlich werden wir auf Englisch angesprochen. Bevor wir in Tecate die Grenze überqueren, grüsst uns das vertraute Mexiko noch ein letztes Mal. Nach den bisherigen Touristennestern in Baja, die sich eher wie eine US-Kolonie anfühlten, folgen uns in der Februarerdbeeren-Heimat rund um San Quintin wieder anerkennende Pfiffe. Autos mit Werbelautsprechern ziehen durch die Strassen und man sieht den Händen der Menschen an, dass sie schwer arbeiten. Die Erdbeeren kann man hier kaum kaufen - einen Strassenstand entdecken wir immerhin und probieren die ‘garantiert exzellente Qualität’. Naja, auch nicht weniger holzig als bei uns zu dieser Zeit.. kein Wunder werden die Früchte fast nur exportiert 😉

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Bald erreichen wir dann auch schon hügeligeres Gelände, die berühmte Weinbauregion ums Valle de Guadalupe beginnt, und nach ein paar Ruhetagen beim ‘grössten Meeres-Geysir Nordamerikas’ gehts auf zur Grenze - auf in die USA!

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