Gut erholt von unserem Besuch bei Nara und ihrer Familie, mit touristischen Eindrücken einer sehenswerten Grossstadt und einer Flasche Champagner im Gepäck, machen wir es uns nach einer Woche wieder auf unseren Sätteln bequem.

Lisbeth ist bereits gut zu Hause angekommen, die - etwas kompliziert zu organisierende - Zugreise mit Ella verlief reibungslos, nur meine Schuhüberzüge sind leider im falschen Gepäck gelandet. Tant pis, wir erwarten sowieso noch einen Brief von ihr in Le Havre ;)

Ab jetzt sind wir also zu zweit unterwegs - die Tage werden etwas länger, wir sind flexibler in der Planung und der Routenwahl, aber der kleine blaue Satellit, der um uns kreist und Abwechslung bringt fehlt doch auch.. Danke für die Begleitung in unser Abenteuer, Lorena und Lisbeth, wir haben uns sehr über die gemeinsamen Reiseferien gefreut!

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Eine Nacht in der Peniche - mit gluckerndem Wasser und starkem Wind, der irgendein Teil rhytmisch gegen die Bootswand schlägt - ist die passende Einstimmung für die kommenden rauhen Tage. Windböen, dass Baumstämme beben! Wir brauchen fast dreimal so viel Energie wie üblich, um uns 30km weiterzukämpfen. Das Dach hält zum Glück bislang. Um 16 Uhr wird es Zeit das Zelt aufzubauen, der Tag war lange genug, morgen sehen wir weiter. Eisig kaltes Wasser friert uns beim Zähneputzen, im Schlafsack werden die Füsse endlich wieder warm - herrlich! Am Morgen sind die Blätter von Raureif überzogen.

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Ab dem Chateau Gaillard in Andelys werden wir von der Geschichte der ewigen Kriege zwischen Franzosen und Engländern begleitet. In Rouen, schöne Stadt der tausend Türme und von typisch normannischem Fachwerk: die Kirche zum Gedenken an Jeanne d’Arc. Eindrücklich luftig, ungewöhnlich, uns an die Eismeerkathedrale in Tromsø erinnernd. Zugleich jedoch auch Mahnmal für ein dunkles Kapitel dieser Gegend. In Dieppe, unbekannte Kleinstadt und Küstenfestung, wo die Engländer erst im letzten Jahrhundert als geschätzte Touristen und Nachbarn Einzug halten. Und auch in Le Havre, 1517 als Kriegshafen gebaut und als zweifach junge Stadt nach dem Weltkrieg fast komplett neu aufgebaut. Obwohl eigentlich verwandt, dauert es fast ein Jahrtausend bis die schwierige Beziehung zumindest momentan friedlich erscheint. Ein Hoffnungsschimmer, auch wenn sich die Fischer noch immer über ihre Nutzungsrechte streiten.

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Zum Glück ist das jedoch nur ein Teil der Geschichte, und wir dürfen frei Frankreichs Mostindien erkunden. Nach einem kurzen Aufenthalt in Rouen erwartet uns der abwechslungsreichste Tag dieser Reise. Am Morgen Raureif und glatte Strassen, dann bei bestem Wetter los um in den Eisregen zu fahren. Sonnenschein, Regenbogen, Nieselregen. Wir sind endgültig in der Normandie angekommen! Und nach 50 gemütlich hügeligen Kilometern die 20 anstrengendsten bisher: der Motor bleibt plötzlich stehen, elektrisches Britzeln beim Anfahren, vermutlich ein gröberes Problem. Ab jetzt heissts also richtig in die Pedale treten! Umso mehr freuen wir uns über die heisse Dusche am Abend bei Francine und Jean-Philippe in Dieppe. Ein ruhiger Augenschein am Abend gibt dann die Gewissheit - ein Transistor im Leistungs-Controller ist geplatzt, nach Rücksprache mit GrinTech vermutlich wegen Zwangsrekuperation bei einer schnellen Talfahrt vor ein paar Tagen, Prototypenprobleme halt. Zuerst geniessen wir jetzt mal unseren Besuch in Dieppe, dürfen mit unseren Gastgebern den Markt und die Stadt erkunden und sind endlich am Meer angekommen (:

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Bis Le Havre - hoffentlich nicht weiter - werden wir nun ohne Hilfe unterwegs sein. Wir gehen die Sache ruhig an, unser Schnitt fällt von 23 auf knapp 16 km/h, aus lockeren 80 werden anstrengende 50 Kilometer am Tag und wir merken jede Steigung. Dennoch, das funktioniert! Steigungen bis 5% sind auch mit unseren 300kg Systemgewicht noch fahrbar, die meisten Klippen umgehen wir elegant auf einem tollen Radweg (ehemalige Eisenbahn, Veloroute du Lin) und der Preis für Ausflüge ans Meer 100hm unterhalb ist halt eine anstrengende Schiebepassage. Unsere Entscheidung von Rouen nach Norden zu fahren bereuen wir auf keinen Fall - die Kalksteinfelsen um Étretat boten mit ihren Feuersteinlagen und markanten Bögen schon etlichen Malern eine berühmte Kulisse. Das Meer, die Natur, der Besuch zweier Wildschweine in der Zeltnacht - dafür sind wir unterwegs. Obwohl: Schritte in der Nacht. Lautes Schnaufen und Grunzen. Bist du auch wach? Adrenalin pur. Wir warten ab, bis sich die Tritte plötzlich eilig entfernen. Ein Vorgeschmack auf die Bären in den USA? Wir sind jedenfalls erleichtert verläuft der Besuch ohne Zwischenfall, und merken uns, dass Kastanien am Boden vielleicht nicht auf den besten Platz zum übernachten hindeuten..

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Ganz anders dann die Ankunft in Le Havre: der Hafen wie ein Besuch in einem Wimmelbild, Kulturaustausch im Generalstreik, Kartonsuche, Gegend erkunden, Schiffsvorbereitungen, Pakete bestellen (Ersatzteil ist da!), Lernen von Lola. Ja, vor allem: zwei Wochen bei einer super netten Fahrradfamilie. Sabine, Etienne und Lola nehmen uns bei sich auf wie zu Hause (Zeit den Champagener zu öffnen!), geben uns einen sicheren Hafen um das Fahrrad einzupacken, anzukommen, zu warten bis die Avontuur kommt. C’est magnifique! Wir sind immer wieder berührt von der Gastfreundschaft, die wir erleben dürfen. Menschen, die uns ihr Zuhause öffnen, Erfahrung und einen Teil ihres Alltags mit uns teilen, ein unschätzbares Geschenk als Reisende. Vielen, herzlichen Dank!

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