Marcin & Zbyszek: Ihr seid die Besten (nicht nur als Möbelschreiner) - zwei kreative Jungs, die mit alten, für ihre Pannen berühmten Lastwagen um die Welt ziehen (Reiseblog), dabei das Schweissen gelernt haben und gleich ein Unikat-Labor mit Möbelmacherei aus dem Boden stampfen. Zuerst verstärkt Zbyszek unseren Anhänger professionell, danach wollen die zwei nicht einmal etwas für die Arbeit haben: „We don‘t charge crazy people!“ – Ehrensache. Stattdessen zeigt uns Marcin die alte Tramstation mit Busoldtimern, wir werden zu einem Konzert am Abend eingeladen und eine Übernachtung wär auch noch dabei. Leider haben wir uns (wegen eines gemachten Couchsurfing-Angebots in Lodz zwei Tage später) gegen das verlockende Konzert und die Velo-Messe am nächsten Tag entschieden - wir sind irgendwie noch nicht ganz im spontanen Reise-Modus angelangt, was wir später noch bereuen.

Die Strassen hier sind etwas Glückssache: Mit viel oder wenig Verkehr, kaum vorauszusagen nur von der Karte her. Teilweise voller Schlaglöcher, dann wieder Kilometer um Kilometer schnurgerade und perfekt ausgebaut – mit (solarem) Rückenwind macht hier das Vorwärtsfliegen richtig Spass! Und meistens erwischen wir doch die richtige Route – angenehm zu fahren und mit erstaunlich wenig Verkehr. Meist sind auch die Autofahrer sehr freundlich und korrekt, nur hin und wieder gibt es verrückte Überholmanöver und von den langen Geraden verlockte Raserei. Dennoch zahlreiche Kreuze mit Blumen und Fotos am Strassenrand – vielleicht ein Tribut ans gleichzeitige Telefonieren, Rauchen und Fahren..

Birkenland. Sanft rollende Ebene im Frühlingskleid. Dahingleiten wie Fliegen, Ferien, Freiheit. Regenkonzert zum Einschlafen, gemütlich zu zweit in den Schlafsack gekuschelt. Wir sind froh, hat das Gewitter gewartet bis unser Gemüsecurry fertig wurde. Dann mitten in der Nacht: kauendes Gras-Rupfen. Ob sich jetzt wohl ein Reh beim äsen beobachten liesse? Ich entscheide mich gegen die Störung, lausche nur achtsam und schlafe bald wieder ein. Träume von Rotwild, friedlich auf weit-grüner Flur. Am nächsten Tag: sandige Sümpfe, ein wunderbar ruhiger Nationalpark kurz vor Warschau, voller versteckter Schönheit. Trockener Tag, wieder mit Regen direkt nach dem Zeltaufbau. Polen gefällt mir, viel unspektakulär willkommen-heissendes, abwechslungsreich, fruchtbar und grün.



Szenenwechsel. Drei Tage Grossstadt, drei Tage Warschau.

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Zuerst mit herzlich-kuriosen Begegnungen im Park: ein alter Mann ist freudig berührt von unseren Rädern, erzählt wild drauflos von allen Ländern die er vor langem bereist hat – die Gesten sind vielsagend, auch wenn wir kein Wort verstehen. Jetzt geht das leider nicht mehr (obwohl er immer noch auf dem Velo unterwegs ist), aber früher schien er ein grosser Tourenfahrer gewesen zu sein. Mithilfe eines jungen Paars werden die Geschichten dann klarer, und neue Überraschungen warten. Wir können nach der Adresse fragen, und nehmen uns vor, dem Weitgereisten ab und zu eine Postkarte zu schicken.

Danach werden wir von Goska, Leszek, Kalina und Mikolaj willkommen geheissen, und wie: „Fühlt euch wie zu Hause!“, wortwörtlich. Goska (notabene Präsidentin des SCI) ist zwar vielbeschäftigt, aber dennoch nimmt sie sich erstaunlich viel Zeit für uns. Wir können bei zwei ihrer Führungen durch die Stadt dabei sein, und erfahren allerhand Interessantes über diesen Ort voll bewegter Geschichte. Es ist schon viel spannender, eine Stadt von einer Einheimischen vorgestellt zu bekommen. So lernen wir Slawek kennen, den ewigen Studenten mit von glückbringendem Schütteln polierter Hand, wir können die Geschichte hören, die in den wenigen übriggebliebenen Gemäuern aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg nachhallt, und erhalten einen Überblick über die verschiedenen Epochen, die die polnische Hauptstadt prägten. Nebenbei dürfen wir unsere Wäsche waschen, gehen endlich wieder mal frisch geduscht ins Bett und backen auch einen neuen Vorrat an Brownies zum verschenken und selber geniessen. Dziękuję bardzo!

Mittlerweile sind wir wieder unterwegs, durch die masurischen Seen Richtung Baltikum, wo Naturschönheiten und obskure Sehenswürdigkeiten auf Erkundung warten..