In Izamal begegnen wir das erste Mal einem Monument aus Präkolumbianischer Zeit. Eine grosse Pyramide mitten im Stadtzentrum, etwas verfallen aber immer noch mächtig, erlaubt einen wunderbaren Blick über den Dschungel. DAS ist eine grüne Stadt! Die Häuser scheinen versprenkelt unter den grossen Bäumen, die Grenze zum Umgebenden Wald ist kaum auszumachen. Einen Tag später besuchen wir Chichen Itza - der wichtigste Touristenmagnet der Halbinsel Yucatan, nicht die grösste, schönste, oder best erhaltene Maya Städte, aber einzigartig darin dass alle Bauten auf die eine oder andere Weise astronomisch ausgerichtet sind. Hier wird uns das erste mal von Kukulkan, oder Quetzalcoatl, erzählt, der uns fortan wohl noch öfter begegnen dürfte. Die gefiederte Schlange, der Schöpfergott und Herr der Winde und des Regens war die wohl wichtigste Figur für Maya, Azteken und andere mittelamerikanische Hochkulturen gleichermassen. Und in Chichen Itza erhielt er ein besonderes Monument: die grosse Pyramide ist derart ausgerichtet, dass an den beiden Tagundnachtgleichen Kukulkan selbst an der Nordseite nach unten zu kriechen scheint, der Himmel die Erde berührt und befruchtet.

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Izamal - Ausblick von der Pyramide
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Nachdem wir die frühen Stunden ohne allzu viel Rummel geniessen durften, trudeln ab 10 die Touristenbusse der Kreuzfahrtsschiffe von der Küste ein. Unzählige Stände versuchen an Massen von Touristen Souvenirs und kleine Handwerkskunst zu verkaufen - unter anderem auch Flöten und Pfeifen, die mit der Zeit einen ganzen Dschungel zum Leben erwecken. Die nachgemachten Geräusche vielfältiger Vögel, fauchende Jaguare und quakende Frösche erfüllen die Luft. Damit gewinnt der Kommerz sogar einen eigenartigen Reiz, der gut zu dem alterwürdigen Ort passt - waren die Maya-Baumeister doch auch ausgezeichnete Soundarchitekten. In der Ballarena gibt es ein starkes Echo, welches an das Brüllen eines Jaguars erinnert. Klatscht man vor den Treppen der Kukulkan-Pyramide laut in die Hände, wird ein Echo wie der Ruf des Quetzals - der Namenspate unseres Tandems - zurückgeworfen. Und zuguterletzt soll es, wenn jemand oben um den Tempel geht, unten an der Pyramide wie Regen plätschern..


Passenderweise zeigt sich der Regengott schon in den nächsten Tagen das erste Mal: langsam beginnt die Regenzeit. Am Morgen ists immer schön, heiss und sonnig. Gegen Nachmittag ziehts mittlerweile jedoch häufiger zu, und wenn der Regen kommt fallen eine Stunde lang heftige Schauer, begleitet von Donner und Blitz. Mit der hohen Luftfeuchtigkeit und dem Regen wird auch der Wald nocheinmal merklich grüner. Und die Reifezeit der Mangos hat begonnen! Viele Leute haben mehrere Bäume im Garten, und ab und an weiss jemand fast nicht wohin mit all den Früchten. Wir sind dankbare Abnehmer und schlemmen was das Zeug hält - 4 Mangos zum Frühstück? Lecker! Und eine gute Abwechslung zu unseren gewohnten Avocado und Tomaten auf dem Brot. Avocados gehören hier zu den Grundnahrungsmitteln, Mexiko erzeugt rund ein Viertel der weltweit angebauten Frucht, und immerhin etwa die Hälfte davon wird auch im Land selbst konsumiert. Ein derart sonniges Klima hat schon tolle Seiten!

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Nach dem schmucken Kolonialstädtchen Valladolid wenden wir uns langsam Richtung Süden. In Tulum begegnen uns wieder Maya-Ruinen. Etwas weniger imposant, aber dafür direkt am karibischen Meer gelegen, pittoresk mit blau-grünem Hintergrund und mit einem geschützten Schildkröten-Legestrand mitten in der archäologischen Zone. Langsam wird die Gegend hier etwas hügeliger. Das hiesige “Berggebiet” (Erhebungen von immerhin bis zu 50 Meter über Meer) wirkt auf den ersten Blick wilder, doch neben den traditionellen drei Schwestern wird recht intensiv die Drachenfrucht angebaut. Dennoch scheint die Natur vital, wir sind in einem wahren Schmetterlingsland. In einer Minute zählen wir über 20 verschiedene Sommervögel, die unseren Weg kreuzen. Besonders ein seltenes handteller-grosses blauschwarzes Exemplar hat es Rita angetan. Bei jeder flüchtigen Sichtung halten wir an, doch leider ist dieser Flattermann besonders kamerascheu und schnell.

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In den kleinen Dörfern auf unserem Weg sind vor allem die Kinder sehr neugierig. Auf unser Fremdsein, das seltsame Gefährt und was wir in Mexiko tun. Neben Spanisch versuchen manche auch etwas Englisch mit uns zu sprechen und stellen viele Fragen, die vorwitzigsten Versuchen direkt auf den Sattel zu steigen und in Harley-Manier zu posieren. Fahrradreisende scheinen hier nicht ganz unbekannt zu sein, Liegeräder schon erstaunlicher, und solare Unterstützung leuchtet sofort ein. Die Erwachsenen sind zwar meist auch offensichtlich interessiert, aber sehr zurückhaltend. Nach etwas offenerem Ranchgelände wird der Dschungel im Süden wieder umso verschlungener, verwunschen. Unterwegs begegnen wir einmal einem Nasenbären - wir wissen jetzt wie das “wieselartige Zwergäffchen” heisst - und einem Tukan! Ein wirklich prächtiger, farbenfroher Vogel, einfach so, am Strassenrand! Während die Mangos schon reif sind, sehen wir erste Ananassträucher mit noch grünen Früchten, und Papayas die vermutlich bald bereit zum Ernten sind. Immer häufiger fällt auch hier gegen Abend Regen, und mit etwas Glück führt dieser in der Nacht auch zu der von uns ersehnten Abkühlung (:

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