Der grosse Eindruck der uns nach einem knappen Monat Belize bleibt: es ist unglaublich vielfältig, freundlich, ein Schmelztiegel der Kulturen und Landschaften, sehr religiös und christlich geprägt. Weit überwiegend erlebten wir tolle Begegnungen, neugierige Leute voller Erstaunen und Freude. Hin und wieder gab es aber auch seltsame Anmachen, unangenehme Momente mit Betrunkenen und Orte wo wir nachts nicht unterwegs sein wollten - aber nichts, das die Herzlichkeit der meisten Menschen überschatten kann!

Im Norden leben viele spanischsprachige Mestizos und einige Garifuna. Auf der Strasse fahren sonnenverbrannte Mennoniten mit Trägerhosen und Cowboyhüten auf ihren melonengefüllten Pferdekarren zum Markt. In den Hügeln im Süden sind vor allem Mopan- und Kekchi-Maya zu Hause, und an der Küste leben viele Garifuna - unsere Umgangssprache wechselt zu Englisch. Im ganzen Land werden die Läden fast ausschliesslich von Chinesen geführt, man hört Englisch, Kreol, Spanisch, hin und wieder Plautdietsch und - vermutlich - Mandarin auf der Strasse.

An unserem ersten Tag denken wir: “Wie Finnland in heiss und mit Palmen!” - Sümpfe wechseln mit Zuckerrohrfeldern und Wald, viel unberührte Natur begleitet uns entlang der Strasse. So sollte Umweltschutz vielleicht auch bei uns aussehen. Warum sieht man eigentlich von den ganzen “Klimaneutral”-Kompensationsprojekten nichts in der Schweiz? Wir könnten doch auch anständig grosse Gebiete aufforsten und der Natur überlassen, statt das Letzte aus kargen Alpweiden herauszuholen, wenn wir schon weiterhin fröhlich Treibhausgase in die Welt hinaus pusten.. Hier in Belize ist es auf jeden Fall schön zu sehen, dass den Wäldern viel Bedeutung beigemessen wird - fast die Hälfte der Landesfläche steht unter Naturschutz. Sicher hat dies auch mit der geringen Bevölkerungsdichte (500’000 Einwohner auf etwa der halben Fläche der Schweiz) und der wichtigen Rolle des Tourismus für die Wirtschaft zu tun, dennoch: hier können wir uns ein Beispiel nehmen.

Auf der Suche nach einem Nachtquartier im Süden von Orange Walk. Der Campingplatz in Sand Hill war leider nichts, auf Warmshowers und Trustroots, aber auch Airbnb und Booking findet man vergleichsweise wenig Übernachtungsmöglichkeiten ausserhalb der Touri-Zentren. Eine Frau winkt uns über den Gartenzaun zu, spontan entscheiden wir uns zu fragen ob wir auf ihrem Land unser Zelt aufschlagen dürfen - und werden von Marie und Perry zu einer sternenklaren Nacht in Hobbitshire eingeladen. Zwei überaus nette ältere Leute, er ursprünglich aus Kanada, sie nach langer Zeit in England zurück in der Heimat, bauen sich hier ihren Ruhepol auf. Meditationsgelände, Waldgarten im Entstehen, vielleicht einmal der erste Golfplatz voller Meteorgestein und Geschichte.. unsere zweite Nacht in Belize, und wieder einmal unverhofft am Wegesrand die Bestätigung: es gibt überall tolle, hilfsbereite und offene Menschen. Manchmal musst du nur fragen (:

Am nächsten Tag wissen wir bereits wo wir unterkommen, bei Allie, selbst eine passionierte Tourenradlerin, in ihrem kleinen Dschungelparadies. Richtig schön ist es hier, mit eigenem Bach der durchs Gelände fliesst, Gemüsegarten und ‘Edible Forest’. Ein Paradies auch zum Aufwachsen für den kleinen jungen Mann des Hauses, der hier eine Kindheit erleben darf wie seine Mutter sie auch gerne gehabt hätte. Hier bleiben wir zwei Nächte und geniessen einen Tagesausflug in den Nohoch Chen Nationalpark. Entspannte Kayakfahrt mit unserem Guide Marco und seinem Sohn. Die Beiden sind ebenso auf Spass und Entdeckung aus wie wir, und es wird eine vergnügliche extra lange Tour durch magische Höhlen und offenen Dschungelfluss, mit häufigen Badestops und abschliessender Tandem-Probefahrt.

Schon auf dem - wegen viel Verkehr und teils knappen Überholmanövern auf der Strasse ohne Seitenstreifen - weniger vergnüglichen Kilometern auf dem George Price Highway haben wir uns über die Hügel gefreut, die langsam am Horizont auftauchten. Kurz nach Belmopan ist es dann so weit: endlich wieder eine dritte Dimension, gemütlich die Steigung hoch und mit Karacho drüben hinunter, frei wie ein Vogel um Kurven cruisen, in den Dschungel eintauchen und ihn dann wieder überblicken! Dieser Nachmittag entschädigt uns für die Mühen am Morgen - hatten wir doch mit einem mühsam kleinen Haarloch im Schlauch des Anhängers und dann noch einem ins Hinterrad gewickelten Spanngummi zu kämpfen : / Am Abend finden wir einen Geheimtipp zum Campieren bei den Brüllaffen: auf dem Hummingbird Highway (sowieso erfahrenswert!) beim St. Hermans Cave Blue Hole Nationalpark können wir für günstige 10 Belize-Dollar unser Zelt aufstellen. Die Atmosphäre ist angenehm ohne Klimbim, die Parkwächter begeisterte Naturschützer, die uns gern erklären, welche Schlange und was für einen “Marder” (ein Stinktier) wir da gesehen haben. (Höhlen-) Wanderungen, eine kleine Ausstellung zu den Dschungeltieren die hier leben, und eine kühle Cenote finden sich am Morgen gleich nebenan - was will man mehr?

Zum Besuch bei Maya Mountain Cacao mit Einblicken in die Kakaoproduktion gibt es einen eigenen Beitrag mit Bildergalerie. Unsere weitere Reise in diesem schönen kleinen Land folgt dem selben Muster: Baden im Wasserfall beim Billy Barquedier Nationalpark, danach ein super Zeltplatz direkt am North Stan Creek, bunte Häuschen, grünes Land mit vielen Flüsschen, farbenfrohe freundliche Menschen. Auf dem Rückweg in den Norden werden wir gleich mehrfach von der Strasse weg eingeladen:

In Hopkins am Meer von Toni und Marc aus Texas - selbst erst gerade eine Woche in Belize, bieten sie uns an der Tankstelle ein Dach über dem Kopf an. Sie ist pensionierte Englischlehrerin, er organisiert Seminare für hiesige Pfarrer. Die Beiden sind in ihrem Leben für Gott weit herumgekommen - 15 Jahre haben sie in China gelebt, auch eine Zeit im Senegal, Europa und Nahost. Sehr interessante Leute, freundlich und bescheiden: “Life is too short to be grumpy and not open and friendly to everybody”.

Bei der Mittagspause am “Old Northern Highway” - eine super Alternative zum Neubau für uns, ohne Verkehr und mit gut zu bewältigender Holperpiste - werden wir von Jeff und seiner Familie gleich doppelt eingeladen, bei ihnen zu nächtigen - Vorstellung ihres christlichen Ausbildungsprojekts “Move”, Abendessen mit Avocados im Überfluss und gemütlichem Familienabend inklusive.

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Und bei Perry und Marie schauen wir natürlich auch nochmal vorbei, die Strasse gleitet fort und fort.. aber stets an Hobbitshire vorbei (:
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Wir bleiben einen Tag länger und helfen beim Herrichten einer neuen Feuerstelle und des 'Rocket Stove'.

Neben den alltäglichen Moskitos, Doctorflies und Sandmücken - die lästige Seite der hiesigen Tiervielfalt - erhalten wir zweimal die Gelegenheit, einen vertieften Einblick in die tropische Flora und Fauna zu gewinnen.

Im Belize Zoo können wir einigen der einheimischen Tiere begegnen, die im Dschungel für unsere ungeübten Augen unsichtbar bleiben. Von einer Tiertrainerin in Folge eines Dokumentarfilms gegründet, dient der Zoo heute als Auffangstation für Waisen, verlassene “Haus”-tiere und gefährlich an Menschen gewöhnte Wildtiere, sowie als Education Center. Insbesondere Schulkinder sollen die einheimischen Tiere kennenlernen, um Stolz auf die Artenvielfalt zu entwickeln und so hoffentlich den Schutz gefährdeter Lebensräume mitzutragen. Diese Ausrichtung zum Wohl der Tiere ist gut spürbar - in den Beschreibungen der Tiere, die einen mit humorvoll gereimten Sprüchen zum Nachdenken anregen und zum Schutz unseres gemeinsamen Lebensraums auffordern. In den vielfältigen Gehegen, wie auch schlicht und einfach darin, dass nur die Tiere da sind, die aus dem ein oder anderen Grund kein Zuhause in der Freiheit mehr haben.

Auf der Belize Spice Farm dürfen wir bei einem geführten Rundgang allerlei Gewürze, Blumen und Früchte kosten, welche zu Hause nur im Regal zu finden sind. Einheimische Arten wie Vanille, Kakao und Lotos wachsen neben importierten Pflanzen aus anderen (sub-)tropischen Regionen wie Pfeffer, Muskat und Kaffe. Überall wuchert und blüht es, unscheinbare Gewächse wie eine ‘Seifen-Frucht’ geben ihre Geheimnisse nur dem Kundigen preis und diese geordnete Wunderwelt lässt uns schlichtweg staunen. Noch einmal entdecken wir eine ganz andere Umgebung als den wilden Dschungel, die offenen Graslandschaften, die nebelverhangenen Hügel und trügerischen Sümpfe denen wir bisher begegnet sind.