19.10.2023
Entlang der Panamericana sind viele Migranten zu Fuss unterwegs. Leider haben wir keinen Mitfahrplatz anzubieten, und können nur wo nötig unser Wasser teilen. Motorräder und Mototaxis nehmen sie manchmal ein Stück mit, oder scheinen sie sogar abzuholen. Unser Gastgeber in Zanatepec, Rodrigo, erzählt uns, dass manch lokaler Taxifahrer sich mittlerweile darauf spezialisiert habe.

Am Fluss begegnen wir einer Gruppe und tauschen ein paar Worte. Freundliche Menschen voll guten Mutes, viele kommen wohl aus Venezuela und Haiti, manche aus Kolumbien. Für uns bleibt es unvorstellbar, wie sie den ganzen Weg in die USA auf sich nehmen, mit der geringen Aussicht, dort vielleicht über die Grenze zu kommen und untertauchen zu können. Uns stimmt es nachdenklich, welche Privilegien wir als Reisende geniessen, und wie diese Anderen verwehrt werden.

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20.10.2023
Welche Gastfreundschaft, welche Grosszügigkeit! Bei Rodrigo und seiner Familie sind wir wie zu Hause. “Wenn du etwas geben kannst, ohne dafür irgendetwas zu erwarten, dann macht dich das glücklich.” - ich glaube besser als durch seine eigenen Worte lässt sich seine Einstellung nicht auf den Punkt bringen. Gleich nach unserer Ankunft werden wir an ein Fest mitgenommen - ein ehemaliger Kollege feiert seine Pensionierung, es gibt Musik und Tanz und die typische Piñata: ein Kunstwerk aus Pappmaché wird ein Seil hochgezogen, der Jubilar muss erst mit verbundenen Augen und danach - deutlich effektiver - sehend mit einem Stock darauf eindreschen, bis sich die Süssigkeiten und Naschereien in der Figur auf dem Boden verteilen. Und mit ihnen die Gäste, für einen Moment wieder Kind geworden. Und typisch für die spontane Ungewissheit unseres Gastgebers, darf natürlich auch eine kleine Ansprache “unserer Botschafter aus der Schweiz” nicht fehlen.. Auch an eine traditionelle 15-Jahr Feier dürfen wir mit - an diesem Geburtstag werden die Mädchen hier in der Gesellschaft offiziell vorgestellt, und zur Frau erklärt. Am Sonntag arbeiten wir gemeinsam etwas im Garten, danach gehts mit der ganzen Familie zum Baden an einen herrlich kühlen Fluss. Bei der Projektwoche der Schule stehen wir zu unserer Reise Rede und Antwort, und schlussendlich werden wir sogar noch Teil einer kleinen Velodemo - volles Programm für ein paar Ruhetage (:


25.10.2023
Um sechs ruft der Muezzin.. hier in wenig religiöser dafür umso kommerziellerer Form von Werbeautos, die mit zwei grossen Lautsprechern auf dem Dach durch die Strassen schleichen und dabei lauthals das aktuelle Angebot der Metzgerei um die Ecke, von günstigen Kleidern und anderen einmaligen Angeboten in die Welt hinaus krakeelen. Ganz im Gegensatz dazu das lauschig leise platschen unzähliger lustiger Fische neben unserem Zeltplatz an der Lagune: zwei Augen an der Oberseite lugen aus dem Wasser, in kleinem Schwarm hangeln sich die Tiere dem Ufer entlang. Bei der kleinsten Störung flüchten sie schnell hüpfend und schwimmend über die Oberfläche in den Schutz des tieferen Wassers. Ein einzigartiger Anblick!

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Pass auf, wo du hintrittst! Duschen mit Tarantel..

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In Oaxaca erreichen wir auch zum ersten Mal den Pazifik. Ein endloser Strand begrüsst uns ohne eine Menschenseele, wir spielen mit den Wellen im warmen Wasser. Was für ein Glück wir doch haben! In der Nacht sehen wir eine Oliv-Bastardschildkröte, die ungestört ihr Gelege im Sand vergräbt, bevor sie leise im Ozean entschwindet.. Einen Abend später verzaubert uns eine Wiese voll aufblitzender Sterne - Glühwürmchengesellschaft beim abendlichen Duschen.

30.10.2023 - 19.11.2023
Und nun gibt es eine Weile Ruhezeit in Puerto Escondido. Kamil und Maps, die wir eigentlich besuchen wollten, sind zwar noch nicht hier, aber wir dürfen ihre Wohnung nutzen und uns etwas von den Reisemühen erholen. Uns von warmen Wellen wiegen lassen. Kauernd lauernde Krebse beobachten. Rochen aus dem Wasser springen sehen und Sonnenuntergänge geniessen. Neben arbeiten an StreetComplete und unserer neuen Website unternehmen wir erste (sogar halbwegs erfolgreiche) Surfversuche und besuchen verschiedene Festivitäten rund um den Dia de los Muertos, das fröhliche Gedenken an die Toten. In der Woche danach gibt es hier etwas wie eine Chilbi bei uns, viele Attraktionen sind sympathisch Low-Tech, teils aber auch mit haarsträubenden Sicherheitsmassnahmen.. Kulturbotschaftstruppen in Trachten stellen tanzend ihre Bundesstaaten vor, der Handwerkermarkt am Tag - süffige Mezcalgemische, eine Entdeckung! - wechselt mit Konzerten in die Nacht hinein. Ein dunkler Abend um Neumond bietet uns ein ganz besonderes Erlebnis: schwimmen im leuchtenden Meer, das Glitzern im Wasser ganz nah statt aus der Höhe des Schiffsdecks erleben. Tauchen mittendrin, Sterne in den Augen, leuchtende Nebelwolken um Fische und Schwimmer, Glühwürmchen die den Arm runter rieseln.. schlichtweg einzigartig. Mit Kamil finden wir, sobald er angekommen und ready für den ersten Schnorchel-Schwumm ist, Schildkröten in der Bucht wo wir schon so einige Male schwimmen waren. Da macht sich eben Ortskenntnis bemerkbar - auch beim gewohnt leckeren Essen, in den richtigen Restaurants gleich noch eine Spur besser. Einen Tag alte Uhuru-Neuigkeiten und Geschichten erfahren.. und morgen gehts schon weiter Richtung Hochland.


20.11.2023
Das erste Mal kapitulieren wir vor unserer Route und drehen um - Hügeli uf, Hügeli ab, alles Schotter, eigentlich ganz gut fahr- und schiebbar. Aber knapp 7000 Höhenmeter in zwei Tagen laut Navi, zwischendurch auf über 2800 Meter über Meer sind angesagt, und wir haben nach anderthalb Stunden Anstrengung und 500 gefahrenen Höhenmetern gerade mal 160hm gegenüber dem Pazifik gewonnen.. Beim umdrehen zur asphaltierten Route meint eine Taxifahrerin dann: geht auf die Autobahn! Die ist zwar noch im Bau, aber ja, wir sollen einfach sagen wir wollten nur ins Nachbardorf zu den Wasserfällen, dann würden die uns schon durch lassen. Und in der Tat, so machen das wohl alle hier ;) So werden aus 150km gewundener Schotterpiste schwuppdiwupp nur noch 100km bestens ausgebaute Strasse mit knapp einem Drittel der Höhenmeter und dennoch wenig Verkehr.

21.11.2023
Was für ein Abenteuertag! Auf den letzten Kilometern der noch nicht eröffneten Autobahn durch die Berge gibt es eine Umleitung, zehn Kilometer Schotterpiste, sausteil aber bewältigbar. Zu unserem Glück sind auch einige Geländewagen unterwegs, und ein Arbeiter nimmt bereitwillig unsere Taschen mit - “Hasta el fin de la desviacion, si, claro, suerte y animo!”. Eine Stunde und 900hm später: lange Gesichter. Wir habens endlich geschafft, doch unsere Taschen sind nicht aufzufinden. Vielleicht noch weiter vorn, wo der Teer beginnt? Was tun wir jetzt? Natürlich Leute fragen! Und tatsächlich, zwei Bauern haben die Taschen beim hochfahren gesehen, fast am Anfang der Steigung standen sie an der Strasse, an uns seien sie erst später vorbeigekommen. Also per Autostopp wieder zurück - tatsächlich nehmen sie mich dann gleich selbst mit - aber die Taschen sind nicht mehr da! Ganz sicher, hier hätten sie gestanden! An einem kleinen Strässchen, das den Hang hinab führt.. ich gehe zu Fuss mal suchen, sie wollen noch einen Moment warten - und tatsächlich, da liegt unser Gepäck in einem anderen Pickup! Es stellt sich heraus, dass wir einfach zu schnell waren. Der Bauarbeiter musste noch einmal zurück und hat die Taschen für uns deponiert, aber da waren wir bereits vorbei. In zwei Stunden wäre er dann auch oben gewesen, aber hatte schlichtweg nicht damit gerechnet, dass wir dann schon so weit wären. Also noch einmal Glück gehabt, und unser Vertrauen in die absolut fantastische Hilfsbereitschaft der Mexikaner bestätigt sich - ein Dankeschön aus ganzem Herzen! Und was wir daraus lernen: beim nächsten Mal fährt Rita mit den Taschen mit, dann wissen wir auch, wo sie deponiert sind ;)

Die nächsten Tage verlaufen ohne grosse Aufregung, und doch spektakulär in ihrer einsamen Schönheit. Pure Stille. Wind und sanft gerundete Bergkuppen. Ein Adler schweift über den Himmel, in den Agavenstämme und Kakteen wachsen. Mehr oder minder gute Schotterstrassen, ab und zu eine Schiebepassage durchs ausgetrocknete Bachbett und über Stock und Stein steil den Berg hinunter. Staubhosen am Strassenrand. Die trockene Wüstenseite der Berge. Die andere Seite: zum ersten Mal seit Ewigkeiten können wir uns wieder einmal richtig unter dem Schlafsack einkuscheln. Zwar scheint der Winter hier nie richtig anzukommen, dennoch werden die Nächte auf 2000 Meter Höhe endlich wieder angenehm frisch. Lange Anstiege wechseln mit wunderbar sich windenden Abfahrten. Unwirkliche Kalksteinformationen und Baden in natürlich entstandenen Pools, wie sie sich niemand hätte erträumen können. Flechtenbehangene Märchenbäume künden von deutlich mehr Niederschlag diesseits der Pässe.

Und neben Kakteen in aller Vielfalt bietet Oaxaca, das Zentrum des Mezcal, natürlich noch Unerzähltes mehr: fingerfertigstes Kunsthandwerk, sowohl heute in Form farbenprächtiger Stoffe und Gewänder auf den Märkten, wie auch im Museum als unglaublich fein ziseliertes Geschmeide in Jade und Gold. Reiche Geschichte im Herzland der Zapoteken, und Reisebegegnungen, die uns im Herzen bleiben.

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